Haushaltsrede 2010 der FDP Fraktion

26.02.2010

Haushaltsrede der FDP zu den Haushaltsberatungen in der Gemeindevertretungssitzung vom 25.2.2010

Kommunen am finanziellen Abgrund,

so kann man, meine sehr geehrten Damen und Herren,

heute allenthalben in den Zeitungen lesen.

Diese und ähnliche Überschriften vermitteln den Eindruck, die Finanznöte der Kommunen seien allein der Finanzkrise geschuldet. Das ist allerdings meist nur die halbe Wahrheit. 
Viele der Gemeinden haben ihre heutigen Probleme zum guten Teil durch großzügiges Ausgabengebaren in den letzten Jahren selbst zu verantworten. Darüber hinaus geriet die alte Haushaltsweisheit „Erst sparen, dann ausgeben“ völlig in Vergessenheit. Es wurde auch in guten Zeiten kräftig ausgegeben – auf Kredit – der war ja leicht zu bekommen.

Bei den Kommunen ist also eine differenzierte Sicht notwendig. Dreierlei ist zu unterscheiden: 
die Auswirkungen des allgemeinen Wirtschaftsabschwungs, 
den von den Kommunen durch Land und Bund aufgebürdeten zusätzlichen Lasten ohne Finanzgrundlage und nicht zuletzt 
den jeweiligen Kommune eigenen, selbst verantworteten Finanzproblemen.

Und damit kommen wir zu unserer Gemeinde Schöneck. 
Der Bürgermeister lässt seit einigen Monaten keine Gelegenheit aus, zu warnen – sei es hier im Gemeindeparlament, bei anderen Veranstaltungen oder in der Presse. Er spricht von großen finanziellen Problemen, von der Notwendigkeit zu konsolidieren und fordert die Gemeindevertreter auf, mit Spar-Ideen aufzuwarten.
Betrachten wir den hier vorliegenden Haushalt genauer, so fällt zweierlei auf: 
zum Ersten sind so gut wie keine wesentlichen Investitionen vorgesehen, 
zum Zweiten übersteigen die laufenden Ausgaben die laufenden Einnahmen um 1,8 Million Euro. Mit anderen Worten 10% aller laufenden Ausgaben der Gemeinde im nächsten Jahr werden durch Kredit finanziert. 
Bei einem Haushaltsvolumen von 17 Millionen soll der Rahmen der Kassenkredite auf 10 Millionen Euro erhöht werden. Kassenkredite sind nichts anderes als Überziehungen des Kontokorrentkontos.
Es zeigt sich bei der Betrachtung der weiteren Perspektiven, wie sie hier mit dem Finanzplan für die Folgejahre 2011 bis 2014 ersichtlich wird, dass vom Bürgermeister Jahr für Jahr im Ergebnishaushalt aus der laufenden Geschäftstätigkeit ein weiterer Fehlbetrag von immer weit über € 1 Million erwartet wird. Dadurch sollen sich die Kassenkredite in 2014 dann auf über 8 Mio. aufsummieren. 
Die Verbindlichkeiten aus Kreditaufnahmen für Investitionen belaufen sich zusätzlich auf 8 Millionen und verharren für die nächsten Jahre auf diesem Stand. Die Gemeinde ist nicht in der Lage, diese Schulden zu reduzieren. Demgemäß wird der Bau der Dreifachsporthalle in Kilianstädten für lange Zeit das letzte große Investitionsprojekt sein. Es wird sogar schwieriger, notwendige Erhaltungsinvestitionen in Straßen- und Kanalbau zu machen.
In Schöneck wird – wie auch im Bund und in den Ländern – weiter auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder gewirtschaftet. 
Wir von der FDP fordern Generationengerechtigkeit. Ein „Weiter-so-wie-bisher“, wie es dieser Haushaltsentwurf im Großen und Ganzen vorsieht, ist verantwortungslos. Wir fordern eine Perspektive des Schuldenabbaus und des ausgeglichenen Haushaltes. 

Wir sehen durchaus die Schwierigkeiten, zu kurzfristigen Veränderungen zu kommen. Das enthebt uns aber nicht der Pflicht, das Problem dauerhaft anzugehen.

Wir sehen daher die Notwendigkeit, die von der Gemeinde zu leistenden Aufgaben grundsätzlich neu zu definieren. Die verfügbaren Mittel sind dann für diese Aufgaben zur Verfügung zu stellen – aber nicht mehr. 
Genau wie die FDP sieht die CDU ein strukturelles Problem in diesem Haushalt. Dies spiegelt sich in dem Antrag nach einer Gemeindeverwaltungsreform. 
Dieser Antrag fordert eine Studie der Strukturen und Abläufe in der Verwaltung, um hier zu größerer Effizienz zu kommen. Diese Analyse erfordert unserem Erachten nach jedoch zusätzlich die bereits angesprochene Aufgabendefinition. Diese wird in Form einer Definition der von der Gemeinde zu erbringenden Leistungen, den Produkten der Gemeinde, auch als Vorgabe der jetzt eingeführten Doppik nach kaufmännischen Prinzipen gemacht.
Die FDP fordert einen grundsätzlichen Wandel weg vom bisherigen kameralistischen Haushaltsdenken. Die diesem System zugrundeliegende Inputorientierung konzentriert sich auf die zur Verfügung gestellten Mittel und ihre Verwendung, erlaubt aber kaum Aussagen über die damit erzielten Ergebnisse. 
Das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen basiert auf dem Konzept der Outputorientierung. Die kommunalen Leistungen stehen im Mittelpunkt. Durch geeignete Kennzahlen wird ersichtlich, wie gut diese Leistungen erbracht werden. 
Wir fordern die Verwaltung auf, diesen Wandel zu vollziehen. Nur so können die Vorteile des neuen Rechnungswesens genutzt werden – nur so wird der Haushalt transparent, zielgerichtet und steuerbar.

Ich betone nochmals: Ohne tiefgreifende strukturelle Veränderungen in der Aufgabenstellung der Gemeinde und der Gemeindeverwaltung ist eine Konsolidierung des Haushaltes mittel- und langfristig nicht zu erreichen. 
Die FDP fordert deshalb konsequent eine umfassende Strukturanalyse zu zukünftig noch leistbaren Aufgaben der Gemeinde und der Gemeindeverwaltung. Die Hinzuziehung geeigneter externer Berater ist dazu sicherlich hilfreich.

Noch einige Bemerkungen zu SPD und Grünen: Die Grünen haben offensichtlich umgedacht. Bisher kamen von ihnen meist Anträge, die höhere Kosten verursachten. Heute sind von ihnen 21 Anträgen zu beraten, von denen immerhin 16 den Haushalt entlasten sollen. Die Arbeit im Detail ist zwar begrüßenswert, wird die grundsätzlichen Probleme aber nicht lösen. Die Einsicht dazu scheint jedoch bei den Grünen da zu sein, denn Fraktionsvorsitzender Seifried schreibt in einer Pressemitteilung, dass „auch strukturelle Änderungen unabdingbar“ seien. 

Bei der SPD ist die Meinung zur Problemlage offensichtlich nicht einheitlich. Der Bürgermeister lässt keine Gelegenheit aus, die Situation dramatisch zu beschreiben. So sagte er beim Neujahrsempfang: „In Zukunft werden wir kleinere Brötchen backen.“ Demgegenüber setzt der Fraktionsvorsitzende Rauch weiter auf das Prinzip Hoffnung. Er sagt in der Presse: „Wir brauchen Zuversicht. Es sieht so aus, dass wir besser aus der Krise herauskommen als befürchtet. Das wird auch den Kommunen helfen.“ 
Alleine von der SPD-Fraktion wird vehement abgestritten, dass Schöneck ein strukturelles Haushaltsproblem hat – trotz der sich Jahr für Jahr aufschaukelnden Defizite.

Auf Anforderung der Kommunalaufsicht hat der Bürgermeister ein Konsolidierungsprogramm vorgelegt. Es enthält sogar eine von der FDP schon lange geforderte 10%ige Haushaltssperre. Vorschläge für die Kürzung freiwilliger Leistungen macht er jedoch nicht. Die sollen die Gemeindeparlamentarier machen. 
Wir müssen uns fragen, welches Spiel die SPD hier betreibt. Die wiederholten kräftigen Sparappelle des Bürgermeisters passen nicht zu den „Prinzip Hoffnung“- Äußerungen des Fraktionsvorsitzenden.

Die FDP fordert dazu auf, die Aufgabenstellung der Gemeinde gegenüber ihren Bürgern neu zu definieren – welche Leistungen zu welchen Kosten können die Schönecker in Zukunft erwarten.
Gefragt sind mehr und konstruktive Ideen sowie aktive Bürgerbeteiligung statt mehr Defizit und langfristigen Schulden.

So, wie der Haushalt jetzt vorgelegt wird, kann er die Zustimmung der FDP nicht finden. Wegen der vielen Unwägbarkeiten schon gar nicht als Doppelhaushalt für 2010 und auch noch 2011. 

Schöneck, 25.2.2010
Günther Kopp
FDP Fraktionsvorsitzender