Haushaltsrede der FDP-Fraktion zum Doppelhaushalt 2016/2017

01.01.2016

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
meine Damen und Herren,
liebe Gäste,

naturgemäß sind kommunale Haushaltsberatungen kein Quell kollektiven Frohsinns.

Ist – wie gewöhnlich- kein Geld da, führt die seit Jahren gelebte Praxis der Mangelverwaltung regelmäßig zu der deprimierenden Übereinkunft der parlamentarischen Mehrheit, den wenig Gutes verheißenden Haushalt mit neuen Belastungen für die Bürger und meist nicht sonderlich weiterführenden Einsparmaßnahmen zu beschließen. 

Noch dazu mit Einsparmaßnahmen, die der Kommune oft genug zu einem späteren Zeitpunkt auf die Füße fallen, weil erforderliche Investitionen zu lange geschoben oder erst gar nicht getätigt werden. Zudem wird fälschlich auf Ausgaben verzichtet, die auf den ersten Blick eine weitere Belastung des gebeutelten Haushalts bedeuten, obwohl sie mittel- und langfristig mit hinreichender Sicherheit einen positiven Effekt auf die finanzielle Situation der Kommune hätten und damit nicht nur zu rechtfertigen, sondern schlichtweg vernünftig wären. 

Darüber hinaus führt das Wissen um die Möglichkeit, für bestimmte Projekte Fördermittel zu erhalten, oftmals dazu, dass Entscheidungsträger einen Bedarf für ein Projekt zu erkennen glauben, der bei differenzierter Betrachtung eigentlich gar nicht gegeben ist. Damit einher geht eine gewisse Blindheit für die mit der Umsetzung des Wunschprojekts letzten Endes verbundenen Konsequenzen.

Leider läuft es auch in Schöneck seit vielen Jahren genau so. Und so, meine Damen und Herren, darf es nicht weitergehen.

Wieviel Weitsicht dürfen die Bürger von uns erwarten und wieviel Risiko dürfen wir ehrenamtlichen Parlamentarier eingehen- das muss man sich; das müssen Sie alle sich fragen, wenn es um die Beratungen unseres Haushaltes und damit um einen wesentlichen Gestaltungsakt für unsere Gemeinde geht.

Dürfen wir uns damit zufrieden geben, eine Politik zu betreiben, die bei genauer Betrachtung, permanent versucht, Einzelprobleme im Moment ihres Auftretens schnellstmöglich in den Griff zu bekommen- viel zu oft mittels Lösungen, die zwar eine Lösung aber nicht die beste Lösung darstellen, weil sie in letzter Konsequenz zu erheblichen Nachteilen führen? Die nichts anderes ist, als der fortdauernde Versuch, zu verhindern, dass Schönecks Situation noch schlechter wird? Ohne eine realistische Aussicht auf bessere Zeiten?

Ich sage: Nein, wir dürfen uns nicht damit zufrieden geben! Nicht, solange wir nicht versucht haben, das maximal Erreichbare aus unseren Möglichkeiten herauszuholen. Und das wird uns hier in Schöneck nur gelingen, wenn ein Umdenken in den Köpfen derer, die derzeit die Macht auf ihrer Seite wissen, stattfindet. Für die Zukunft Schönecks wird entscheidend sein, dass wir Entscheidungen endlich mit Blick für das große Ganze treffen, uns nicht im Kleinklein der Einzelproblemlösung verlieren und uns mit viel mehr Weitsicht als dies in der Vergangenheit geschehen ist, den gegenwärtigen, aber insbesondere auch den künftigen Herausforderungen stellen. 

Wir haben bereits vor zwei Jahren mit unserem Antrag „Gründung eines Arbeitskreises Zukunft für Schöneck“, versucht, Ihnen, sehr geehrte Kollegen, dies begreiflich zu machen. Damals leider erfolglos. Aber Schöneck braucht ein Gesamtkonzept, um für die Zukunft gerüstet und krisensicher aufgestellt zu sein und wir beabsichtigen deswegen – das kündige ich schon heute an- zu Beginn der neuen Legislatur die Durchführung eines umfassenden Leitbildprozesses unter Beteiligung der Verwaltung, der Bürger und der Politik zu beantragen und wir werden nach Abschluss des Prozesses auf die konsequente Umsetzung der Erkenntnisse bestehen. 

Dies weil wir wollen, dass wir in Kenntnis unserer Herausforderungen unsere Chancen nutzen und endlich wieder einen nennenswerten Handlungsspielraum zurück erlangen! Zu dem heute zur Beschlussfassung stehenden Haushalt haben wir Anträge gestellt, die geprägt sind von dem, was wir unter Weitsicht und dem Blick für das große Ganze verstehen. Anträge, von denen wir glauben, dass sie wichtige Mosaiksteinchen auf dem zu strukturierenden Weg in eine gute Zukunft Schönecks sind, weil sie der Gemeinde Optionen und Flexibilität verschaffen. Auf zwei dieser Anträge will ich hier gesondert eingehen:

So haben wir beantragt, die Erträge aus einer Veräußerung des Alten Schlosses zu streichen und die Mittel zu seiner Sanierung in der bisher als erforderlich veranschlagten Höhe zur Verfügung zu stellen. Weil wir es als fatalen Fehler empfinden, wenn die Gemeinde die Bürger Schönecks – und insbesondere die Bürger Büdesheims- dieses Schatzes, der als Gesamtensemble mit dem Schlossgarten das schönste und kulturell wertvollste Stück Vermögen der Gemeinde darstellt, beraubt, und darüber hinaus fünf gemeindliche Wohnungen und die uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit für die bislang öffentlichen Bereiche des Alten Schlosses verliert. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir es uns auf lange Zeit nicht leisten werden können, auf vorhandenen, bezahlbaren, gemeindlichen Wohnraum zu verzichten; weil wir bis auf Weiteres eine nicht im Ansatz vorhersehbare Anzahl von Flüchtlingen unterbringen werden müssen und weil auch darüber hinaus immer ein Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bestehen wird. Und auch die öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten des Alten Schlosses ließen sich seitens der Gemeinde in vielfältiger Weise im Rahmen der von ihr zu erfüllenden Aufgaben und darüber hinaus nutzen. 

Zu nennen sind hier insbesondere Aufgaben im Rahmen der Kinder-, Jugend-, Senioren- und Integrationsarbeit, zum Beispiel zu Betreuungs- und Schulungszwecken oder als Begegnungsstätte und für Veranstaltungen. Gleichzeitig könnten die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten zu Einsparungen an anderer Stelle führen. Beispielhaft sei an dieser Stelle die U3-Betreuung angesprochen, für deren konkrete Bedarfsentwicklung aktuell in keiner Weise eine verlässliche Prognose abgegeben werden kann. Fest steht nur, dass jeder geschaffene U3-Platz zwar gefördert wird- dies jedoch mit einer Zweckbindung von 25 Jahren, was eine anderweitige Nutzung von eigens für die U3-Betreuung geschaffenen Räumlichkeiten verhindert. 

Die Entscheidung für einen U3-Neubau, wie er im Haushaltsentwurf vorgesehen ist, würde bedeuten, dass auch unter Berücksichtigung des ermittelten möglichen Zuschusses, Kosten in Höhe von über 1 Mio. Euro von der Gemeinde zu tragen wären. Viel Geld, wenn man wenig davon hat und voreilig investiertes Geld, wenn eine qualitativ gleichwertige und den Bedarf deckende U3-Betreuung erreicht werden kann, ohne dass man in einen auf faktisch 25 Jahre zweckgebundenen Neubau investiert. Dies, zumal wir derzeit bereits über eine 57% prozentige Versorgungsquote verfügen und davon auszugehen ist, dass auch in der Zukunft längst nicht alle Familien von ihrem Rechtsanspruch auf U3-Betreuung Gebrauch machen werden, weil sie ihre unter dreijährigen Kinder zu Hause betreuen wollen. Dies gilt auch für die hier ankommenden Flüchtlingsfamilien, zumal niemand sagen kann, ob wir nicht weiterhin in der Hauptsache alleine ankommende junge Männer zugewiesen erhalten und ob und wann sich diese Situation durch Familiennachzug entscheidend verändert. 

Die Betreuung von U3-Kindern ließe sich nach den derzeitigen Erkenntnissen also durchaus auch in kleinerem Rahmen betreiben. Und warum sollte sie- nach bedarfsgerechtem und förderfähigem Umbau- nicht auch in Räumlichkeiten des Alten Schlosses erfolgen können? Da vielen Eltern zudem eine stundenweise Betreuung ihrer Kinder, die wir ohnehin nicht anbieten, ausreichen würde, ließen sich die Räumlichkeiten auch von Privatinitiativen oder Vereinen in Eigenregie betreiben und damit zugleich auch als Begegnungs- und Integrationsstätten für Kinder und deren Eltern nutzen. Dies darüber hinaus, ohne dass Kosten für kommunales Kinderbetreuungspersonal entstünden.

Unser Antrag, eine Stelle für einen Hauptamtsleiter zu schaffen und die hierfür erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, gehört zu den eingangs erwähnten Anträgen, die auf den ersten Blick eine Belastung des Haushalts bedeuten. Auf diese vordergründige Belastung hat insbesondere die SPD in den vorangegangenen Beratungen Bezug genommen und den Antrag, wie die Mehrheit der im Haupt- und Finanzausschuss vertretenen Mitglieder, abgelehnt. Dies obwohl auch die SPD und die Bürgermeisterin erkannt haben, dass die Abschaffung des Hauptamtsleiters unter dem früheren Bürgermeister Stüve ein kapitaler Fehler war. Und dabei nicht berücksichtigend, dass die Korrektur dieses Fehlers mittel- und langfristig einen positiven Effekt auf die finanzielle Situation der Kommune haben würde. 

Dabei geht es zum einen um das Ziel, die Effizienz und die Leistungsfähigkeit der Verwaltung nachhaltig zu steigern. Aufbauorganisation und Organisationsstruktur sind dabei, wie wir von Green Finance lernen durften, von zentraler Bedeutung. Die Verantwortung hierfür ist richtigerweise dort anzusiedeln, wo sie hingehört: Bei der Stelle eines entsprechend qualifizierten Hauptamtsleiters. Darüber hinaus soll der künftige Hauptamtsleiter weitere, bislang vernachlässigte Aufgabenfelder, deren professionelle Erfüllung sowohl eine Kostensenkung als auch eine Einnahmensteigerung zur Folge haben werden, verantworten. 

Einzugehen ist hier auf die im Haushaltsentwurf beabsichtigte Anhebung der Hebesätze für die Grundsteuern A und B. Die angedachte Vorgehensweise des Gemeindevorstandes zeugt dabei in erster Linie von Resignation und dokumentiert das „Nicht-weiter-wissen“ der Verantwortlichen eindrücklich. Es ist allerdings nicht hinnehmbar, dass den Bürgern in kürzester Zeit erneut- diesmal massive- Grundsteuererhöhungen zugemutet werden sollen, obwohl an anderer Stelle erhebliches Potential für eine Einnahmensteigerung seitens der Gemeinde besteht. 

Ich spreche hier von einer bislang nicht existenten aktiven Wirtschaftsförderung mit dem Ziel der deutlich vermehrten Ansiedlung von klein- und mittelständischen Unternehmen, und zwar solchen, die in Schöneck ihre Gewerbesteuern zahlen. Unter anderem dieses Aufgabenfeld soll zu den künftig von einem Hauptamtsleiter zu verantwortenden Bereichen gehören. Dabei wird neben dem Erfordernis, neue Gewerbegebiete zu entwickeln, bzw. bestehende zu erweitern, die größte Herausforderung darin bestehen, potentielle Gewerbetreibende und Unternehmer von der Attraktivität Schönecks zu überzeugen. Gemäßigte Gewerbesteuersätze versprechen dabei hinsichtlich derer, die unsere Zielgruppe sein sollten, weitaus größere Erfolge als der Hinweis auf einen vorhandenen Kreisel in Kilianstädten Nord. Nicht wenige Große, sondern zahlreiche Kleine und Mittlere sichern langfristig und verlässlich die wichtige Einnahmequelle Gewerbesteuer und verhelfen Schöneck damit zu neuem Handlungsspielraum.

Meine Damen und Herren, der vorgelegte Haushaltsentwurf und die Erkenntnisse aus den Haushaltsberatungen zeigen, dass es- sollten sich die Machtverhältnisse in naher Zukunft nicht grundlegend ändern- ein weiter Weg sein wird, bis in diesem Hause das von uns geforderte Umdenken stattgefunden hat und bessere Zeiten für Schöneck eintreten können. Für den heute zur Beschlussfassung stehenden Haushaltsentwurf bedeutet dies jedenfalls, dass er unsere Zustimmung nicht finden wird.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Anke Pfeil
Vorsitzende der FDP-Fraktion