Haushaltsrede der FDP-Fraktion zum Haushalt 2012/2013
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
meine Damen und Herren Kollegen,
sehr geehrte Gäste,
Der Bürgermeister hat in seiner Rede zur Einbringung des Doppelhaushaltes – offensichtlich mit einem gewissen Stolz – vorgetragen, es sei dem Gemeindevorstand gelungen, den Fehlbetrag des Jahres 2012 unter die Millionen-Grenze zu drücken. In erster Linie ist dies jedoch auf das um gut € 700.000 gegenüber dem Jahr 2011 erhöhte Steueraufkommen zurückzuführen und nicht etwa auf bemerkenswert gesteigerte Sparanstrengungen. Tatsächlich steigen und steigen die Schulden unserer Gemeinde.
In dem vorgelegten Konsolidierungsprogramm zeigt sich als dann auch recht eindrucksvoll die Hilflosigkeit des Bürgermeisters, die sich darin manifestiert, dass dieser alljährlich – und so auch im Hinblick auf den vorliegenden Haushaltsentwurf – das Parlament in die Pflicht nehmen will und uns Gemeindevertreter dazu aufruft, einen Beitrag dazu zu leisten, dass sich die Haushaltssituation der Gemeinde verbessert. Was er dabei tatsächlich zum Ausdruck bringen will, ist, dass er IDEEN erwartet.
Ideen, die er und der Gemeindevorstand trotz des umfassenden Überblicks über die Haushaltssituation der Gemeinde offensichtlich nicht haben und für deren Fehlen jemand anderes, nämlich das Parlament, verantwortlich gemacht werden soll, sollte es nicht wie verlangt „liefern“.
Wie die Anträge zum Entwurf des Doppelhaushaltes zeigen, haben sich SPD, CDU und Bündnis 90/die Grünen vom Bürgermeister auch tatsächlich vor den Karren spannen lassen. Offensichtlich unter größten Anstrengungen haben alle drei Fraktionen insbesondere EINE Idee entwickelt, die den Haushalt nun entlasten soll. Es handelt sich hier natürlich um die Anhebung der Hebesetze für die Grundsteuern A und B.
Die Ideenfindung muss dabei ein schwieriger Prozess gewesen sein. Dies zeigt sich daran, dass bei SPD und CDU Einigkeit selbst hinsichtlich der Höhe der Anhebung besteht, was eine echte Überraschung darstellt, betrachtet man noch die Differenzen der beiden Fraktionen hinsichtlich des letzten Doppelhaushaltes für die Jahre 2010/2011. Angesichts des bevorstehenden Bürgermeisterwahlkampfes überrascht diese traute Einigkeit sehr, lässt sie eine eigene Handschrift der jeweiligen Fraktionen doch vermissen und zeichnet sie das Bild einer in Schöneck -wenn auch vielleicht nicht gewollten, so notgedrungen doch gelebten, faktischen großen Koalition.
Da ich bereits jetzt den Vorwurf höre, die FDP selbst habe weder haushaltentlastende noch ausgabenwirksame Anträge gestellt, sehe ich mich veranlasst- und insofern fühle ich mich einmal mehr an den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert, quasi „alle Jahre wieder“ auf folgendes hinzuweisen:
Der vorgelegte Haushaltsentwurf entspricht einmal mehr nicht der vorgeschriebenen Form. Was anderen Gemeinden, wie beispielsweise Nidderau, offensichtlich keinerlei Schwierigkeiten bereitet, scheint in Schöneck –aus welchen Gründen auch immer- nicht machbar. Anders
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lässt sich nicht erklären, warum auch der vorliegende Doppelhaushaltsentwurf, trotz unserer sich stetig wiederholenden Forderung, den Haushalt endlich in der vorschriftsmäßigen Form und mit vollständigem Inhalt vorzulegen, immer noch den vorgegebenen Anforderungen nicht entspricht.
Einmal mehr werden in dem Haushalt weder Produktbereiche dargestellt, geschweige denn erfolgt eine Gliederung der Teilhaushalte nach diesen Produktbereichen, obwohl dies die Gemeindehaushalts-verordnung in § 4 ausdrücklich verlangt und Muster 12 zu § 4 die verbindlichen Produktbereiche explizit festlegt. Warum dies unterbleibt, ist uns von der FDP ein Rätsel und lässt sich mit nicht vertretbarem Mehraufwand auch nicht erklären. Schließlich sind auch die statistischen Meldungen in dieser Systematik zu erfüllen, so dass die erforderlichen Arbeiten in der Verwaltung ja bereits geleistet wurden.
In der Folge wird auch bis zum heutigen Tage im Haushalt weder eine Definition der maßgeblichen Produkte anhand ihrer wesentlichen Merkmale vorgenommen, noch werden die damit verbundenen Ziele und Auftragsgrundlagen, sprich die gesetzlichen Grundlagen oder die maßgeblichen Beschlüsse, aufgeführt. Gleiches gilt für die betroffenen Zielgruppen. Auch die sinnvolle Angabe, ob es sich bei der jeweiligen Aufgabe um eine Pflicht- oder eine Freiwillige Aufgabe handelt, unterbleibt selbstverständlich, obwohl dies einer besseren Übersicht über mögliche Sparmaßnahmen sehr dienlich wäre.
Schließlich – und hier kommen wir zurück zu den Gründen, die uns veranlasst haben, keinerlei Anträge zu dem vorliegenden Haushaltsentwurf zu stellen: Alle Kostenträger, also die Produkte eines Teilhaushaltes sind- sofern im Haushaltsplan nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 20 Gemeindehaushaltsverordnung deckungsfähig. Zumindest diese Deckungsfähigkeit wird in § 7 des Entwurfs der uns vorliegenden Haushaltssatzung erklärt. Hieraus ergibt sich, dass auf einzelne Sachkonten bezogene Anträge zum Haushaltsentwurf nicht nur überflüssig, sondern aus unserer Sicht sogar falsch sind.
Erforderlich wäre vielmehr zunächst eine von der Verwaltung vorzunehmende Wirtschaftlichkeitsberechnung bezogen auf die einzelnen Budgets, die jedoch bis heute nicht erfolgt ist und deren offensichtliche Nichtvornahme eine nicht unerhebliche Ratlosigkeit bei uns hervorruft.
Diese Ausführungen vorausgeschickt, können und werden wir auch nur- wie der Jurist sagt- höchst hilfsweise zu zwei Positionen im Haushaltsentwurf, bzw. den vorliegenden Anträgen Stellung nehmen.
Erforderlich ist dies insbesondere im Hinblick auf den geplanten und wie sich zwischenzeitlich herausgestellt hat, derzeit nicht umsetzbaren U3-Neubau.
Ein erster Entwurf für den Neubau einer Einrichtung für die U3-Betreuung wurde uns erstmals- und damit meine ich ERST im August 2011 vorgelegt, obwohl als Frist für die Beantragung von Fördergeldern bereits der 15.06.2012 und als Voraussetzung die Einreichung der baureifen Pläne genannt wurde.
Da die Bund-Länder-Vereinbarung betreffend das Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ bereits ihrem Namen nach lediglich Finanzhilfen für die Jahre 2008 bis 2013 gewährt, hat der Bürgermeister- der sich ja mit der in Schöneck vorhandenen, vergleichsweise guten Versorgungsquote stets brüstet, die vergangenen Jahre offensichtlich verschlafen und ist nach Erkennen der Versäumnisse in blinden Aktionismus verfallen. Anders lässt es sich nicht erklären, dass in der Folge erstmals in der Sitzung des Ausschusses SFJK Ende September 2011 seitens des Bürgermeisters darüber informiert wurde, dass im Hinblick auf die Mindestverordnung die Planung des Neubaus nunmehr eine Betreuung von 60 Kindern in 6 Gruppen anstelle von 45 Kindern in 3 Gruppen vorsehe.
Bis zu diesem Zeitpunkt war die MVO augenscheinlich vollständig ignoriert worden, obwohl sie bereits am 01. September 2009 in Kraft getreten ist. Bei der sorgfältigen Bearbeitung der Angelegenheit U 3-Neubau hätte von Anfang an auffallen müssen, dass die Mindestverordnung eine Gruppengröße in der U3-Betreuung von nur noch 8-10 Kindern vorsieht. Auch ein Bau für lediglich 45 Kinder, wie zunächst geplant, hätte mithin Räumlichkeiten für mindestens 5 und nicht lediglich 3 Gruppen bedurft. Dass für unter 3-jährige Kinder zudem zwingend Schlafräume erforderlich sind, hätte in der im August vorgelegten Beschlussvorlage ebenfalls Berücksichtigung finden müssen. Gleiches gilt für ein Leitungsbüro. Dass dies alles nicht passiert ist, die im August zunächst vorgestellten Kosten mithin zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd denen entsprochen haben, die bei einer sorgfältigen Planung errechnet worden wären, und die schließlich etwa doppelt so hoch ausfielen, ist höchst bedenklich und erfüllt mich mit großer Sorge.
Dass darüber hinaus aber auch mit Fördergeldern in etwa der Hälfte der Höhe der Baukosten gerechnet worden ist und Planungskosten in Höhe von mehr als € 60.000 ausgelöst worden sind, ohne, dass man sich offensichtlich jemals über den Stand der bislang abgerufenen Fördergelder, und die abzusehende Entwicklung bezüglich neu eingehender Anträge informiert hat, ist für uns nicht nachvollziehbar.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Land bisher bereits 153,7 Mio. Euro der bekanntermaßen insgesamt für Hessen zur Verfügung stehenden 165,2 Mio. Euro und damit 93 % des Gesamtvolumens aus dem Investitionsprogramm bewilligt und somit keine der von den Trägern beantragten Investitionsmaßnahmen abgelehnt hat.
Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Erweiterung der Betreuungskapazitäten im U3-Bereich ist als weiteres Rätsel der Umstand zu nennen, dass sich im Haushaltsentwurf keinerlei Zahlen bezüglich zu erwartender Folgekosten finden lassen. Aus Sicht der FDP ein weiteres, gravierendes Versäumnis des Bürgermeisters, dass sich insofern lediglich zufällig wegen des zwischenzeitlich feststehenden Umstandes, dass es –jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt- keinen Neubau geben wird, nicht in beschönigender Weise im Haushalt niederschlägt.
Zu den vorliegen Anträgen betreffend den Verkehrsversuch in der Ortsdurchfahrt Kilianstädten haben wir zudem folgendes anzumerken:
Soweit CDU, SPD, Bündnis 90/die Grünen wie auch der Ortsbeirat Kilianstädten unisono einen Betrag i. H. v. € 20.000 in den Haushalt eingestellt haben wollen, damit Maßnahmen finanziert werden können, die den Verkehrsversuch zu einer dauerhaften Einrichtung werden lassen können, ist auch hier die Vorgehensweise zu kritisieren, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen.
Anstatt zunächst eine Auswertung des Verkehrsversuches und in der Folge die Ausarbeitung von Maßnahmen abzuwarten, die geeignet sind, den Versuch in eine feste Einrichtung umzuwandeln, wird hier die Einstellung eines Betrages beantragt, den irgendwann einmal irgendjemand als erforderlich in die Welt gesetzt hat, ohne dass diese Zahl auch nur ansatzweise belastbar wäre und obwohl dies auch jedem hier klar ist.
Da diese Vorgehensweise symptomatisch in unserer Gemeinde für die Herangehensweise an große Projekte gleich welcher Art ist, möchte ich meine heutigen Ausführungen mit einem Appell an den Nachfolger oder die Nachfolgerin unseres aller Voraussicht nach scheidenden Bürgermeisters schließen, und im Interesse aller Schönecker Bürger eindringlich dazu auffordern, künftig grundsätzlich zunächst alle entscheidungsrelevanten Fakten vollumfänglich zu recherchieren und auch uns, das Parlament, hierüber in Kenntnis zu setzen. Nur so werden sich Fehlentscheidungen, deren Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt möglicherweise zunächst gar nicht absehbar sind, vermeiden lassen.
Eine Zustimmung zu dem hier vorliegenden Haushalt ist uns wegen der angesprochenen formellen wie auch inhaltlichen Mängel einmal mehr leider nicht möglich.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Anke Pfeil
FDP- Fraktionsvorsitzende