Haushaltsrede der FDP-Fraktion zum Haushalt 2017

01.01.2017

Haushaltsrede der FDP-Fraktion zum Haushalt 2017
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, liebe Gäste,

wie schon Arthur Schopenhauer sagte, ist nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass jeder sie verstehen muss. Auch in diesem Jahr gebe ich jedoch die Hoffnung nicht auf, mit meiner liberale Stellungnahme zum Haushaltsentwurf 2017 zu Ihnen durchzudringen und verbinde meine Worte wie üblich mit dem sehnlichen Wunsch nach einem wahrhaftigen Paradigmenwechsel in der Schönecker Kommunalpolitik. 
Beginnen wir mit dem auf den ersten Blick Erfreulichen: Ja, der Haushaltsentwurf für 2017 weist zum ersten Mal seit 2008 einen leichten Überschuss aus. Das ist fein! Während aber SPD und CDU sich angesichts dieses Ergebnisses für ihren sogenannten Mut feiern, die Grundsteuern vor der Kommunalwahl 2016 erhöht und so dafür gesorgt zu haben, das die Schönecker Bürger diesen Überschuss ganz maßgeblich mitfinanzieren, sagen wir: Dieser Überschuss wird auf die denkbar einfachste und einfallsloseste Weise erzielt und verdient deswegen keinen Applaus, sondern ausschließlich ein schlechtes Gewissen und demütige Dankbarkeit gegenüber den Bürgern! 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein Jammer: Da trägt der Haushaltsentwurf an wesentlicher Stelle ganz klar die Handschrift der Freien Demokraten, weil er nämlich eine unserer zentralen Forderungen zum Haushalt 2016 erfüllt und die Neuschaffung der Stelle eines Hauptamtsleiters vorsieht, womit endlich der Fehler der Abschaffung dieser Stelle unter dem ehemaligen Bürgermeister Stüve korrigiert wird. Ein Umstand, über den wir uns eigentlich sehr gerne freuen würden, weil er zeigt, dass man sich damit unserer Auffassung angeschlossen hat, dass die Neuschaffung dieser Stelle mittel- und langfristig einen positiven Effekt auf die finanzielle Situation der Kommune haben wird. Zudem sind wir davon überzeugt, dass die Mitarbeiter der Verwaltung von dieser Entscheidung profitieren werden, weil der Wegfall der Stelle nicht zuletzt zulasten der Energie und Motivation der Mitarbeiter in der Verwaltung gegangen sein und viel Kraft geraubt haben dürfte. 

Und dann zeigt der Haushaltsentwurf zeitgleich, dass man eben doch nicht bereit ist, insgesamt umzudenken und aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

So hat die überwiegende Mehrheit der Parlamentarier offensichtlich eine sehr entspannte Einstellung zu der geplanten Verschuldung der Gemeinde, zu der in ganz erheblichem Maße auch die Investition in das sogenannte Familienzentrum beiträgt. 
Ich sage es noch einmal: Mehr als 2,5 Mio. Euro wird die Gemeinde das Projekt kosten. Nach dem Willen der Grünen sogar fast 3 Millionen Euro. Nicht zu vergessen, die Anschaffungskosten für das Grundstück von mehr als einer halben Mio. Euro. Es soll hier ein Neubau entstehen, der neben der nach unserer Auffassung flexibler zu gestaltenden U3-Betreuung künftig all das beherbergen soll, das bislang im Alten Schloss beheimatet war: Die Bücherei, Räumlichkeiten für die Jugendarbeit und- man mag es kaum glauben; fünf Wohnungen, also genau die Anzahl der Wohnungen, die der Gemeinde durch den Verkauf des Alten Schlosses verloren geht. 
Bemerkenswert finden wir an dieser Stelle, dass die selben, die nicht bereit waren, die Sanierungskosten für das Alte Schloss zur Verfügung zu stellen, heute offenbar keine Bauchschmerzen haben, das Zehnfache von dem zu investieren, das die Sanierung des Alten Schlosses nach dem einzig vorliegenden Gutachten „verschlungen“ hätte. 

Das behauptete Erfordernis des U3-Neubaus wird seit August 2011 regelmäßig diskutiert. Neben dem Rechtsanspruch der Eltern dienen wechselnde Begründungen der Rechtfertigung für einen teuren Neubau; waren es im vergangenen Jahr vor allem die zu erwartenden Flüchtlingskinder, ist es in diesem Jahr das geplante Neubaugebiet. Allerdings vermag keiner der angeführten Sachverhalte den tatsächlichen und auf Dauer bestehenden Bedarf zu belegen.  

Und so drängt sich der Gedanke auf, dass die gegenüber 2011 deutlich erweiterte Planung für einen Neubau, die die Kosten für das Gesamtprojekt gegenüber den U3-Planungen aus 2011 verdoppelt, vor allem dem Vorhaben dient, etwas „Schönes“ auf dem ehemaligen Nahkauf-Gelände zu erschaffen- etwas, dass vielleicht als Kompensation für den Verlust des Alten Schlosses dienen und Kritiker des Verkaufs verstummen lassen soll.

Wir glauben zwar nicht, dass eine solche Idee fruchten wird, aber Sie können uns dennoch glauben, dass wir die letzten sind, die unseren Bürgern etwas Schönes missgönnen würden. Wir sind allerdings davon überzeugt, dass die wirtschaftliche Verantwortung es geboten hätte, das Grundstück, das aus der reinen Not heraus mit Steuermitteln erworben wurde, mindestens zum Anschaffungspreis wieder zu veräußern und haben deshalb einen entsprechenden Antrag gestellt.

Dies allerdings nur deshalb, weil die Verwendung des Grundstücks für die Sterntalerschule, über deren Kapazitätsengpässe wir immer wieder sprechen, zu unserem größten Bedauern seitens des Schulträgers abgelehnt wurde, so dass auch ein Vorhalten des Grundstücks für eine bauliche Weiterentwicklung der Schule sinnlos ist. 

Nun, die Mehrheit hat anders entschieden. Die Geschichte wird zeigen, ob der heutige Beschluss möglicherweise als Auftakt des anstehenden Bürgermeisterwahlkampfs zu bezeichnen sein wird und es wird spannend zu sehen sein, in welcher Lautstärke sich die Kandidaten dieses „Bonbon“ für Schöneck auf die jeweilige Fahne schreiben werden.

Meine Damen und Herren, die FDP weist seit Jahren darauf hin, dass es für die Zukunft Schönecks unabdingbar sein wird, dass Entscheidungen endlich mit Blick für das große Ganze getroffen werden. 

Wie zum Haushalt 2016 bereits angekündigt, haben wir deshalb bereits im November die professionelle Durchführung eines umfassenden Leitbildprozesses unter Beteiligung der Bürger, der Verwaltung und der Politik beantragt. Ziel dieses Prozesses ist es, einen strategischen Rahmen für die Entwicklung Schönecks zu schaffen, der der Gemeinde eine nachhaltige Perspektive für ihre Weiterentwicklung und wirtschaftliches Wohlergehen geben soll. 

Es war einigermaßen mühsam, Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, in den Beratungen verständlich zu machen, worin der Unterschied zwischen unserem Antrag auf Durchführung eines echten Leitbildprozesses und dem der Haushaltskonsolidierung dienenden Antrag der Freien Wähler zum letzten Haushalt liegt. Immer wieder wurde aus den Reihen von SPD und CDU, ja sogar der FWG selbst erklärt, die FWG und die Freien Demokraten verfolgten im Prinzip ja dasselbe Ziel. Eine Behauptung, die ich wegen ihrer offensichtlichen Unrichtigkeit immer wieder auf das Schärfste zurückgewiesen habe. 

Ich war deswegen hocherfreut, als die Vorsitzende der SPD-Fraktion in der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses erklärte, den Unterschied nunmehr verstanden zu haben. 

Fakt ist, dass die FWG mit ihrem Ansinnen einen „roten Faden“ in der Finanzplanung erkennbar zu machen, die Entwicklung eines reinen Finanzkonzepts verfolgt. Wir hingegen fordern ein umfassendes Stadtentwicklungskonzept, das die mittel- und langfristigen Entwicklungsziele der Gemeinde zu definieren hat, die in der Folge langfristig als Orientierungsrahmen für kommunalpolitische Entscheidungen dienen sollen.

Damit der zu initiierende Leitbildprozess die notwendige Ernsthaftigkeit erhält und ein maximaler Nutzen für die Gemeinde erzielt werden kann, ist es notwendig, sich hierfür der Sach- und Fachkunde professioneller Anbieter zu bedienen. Wir haben daher beantragt, für die Durchführung des Prozesses € 50.000 zur Verfügung zu stellen. 

Bedauerlicherweise hat sich bereits in den Vorberatungen gezeigt, dass die Zukunft Schönecks der Mehrheit der Parlamentarier keine € 50.000 wert ist. Oder, wie Frau Kreuter es formulierte: „Das ist mir zu teuer. Dann will ich kein Leitbild“. 

Meine Damen und Herren, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen; da ist die parlamentarische Mehrheit bereit, für ein überflüssiges Neubauprojekt mehr als 3 Millionen Euro auszugeben. Die SPD setzt sich außerdem dafür ein, dass alleine die Büchereien etwa € 23.000 aus dem Säckel der Gemeinde zur Verfügung gestellt bekommen. Und dann vertritt deren Fraktionsvorsitzende – vermutlich in guter Gesellschaft all derer, die ebenfalls bereit sind, unnötige 3 Millionen Euro auszugeben, die Meinung, € 50.000 für die Zukunft Schönecks seien zu viel Geld.

Das ist aus unserer Sicht schon bitter. Und unsere Kritik richtet sich in diesem Zusammenhang auch gegen die Freien Wähler, die nicht nur wider besseres Wissen den Anschein erwecken, auch sie hätten eine wirkliche Leitbildentwicklung im Sinne. Wer lesen kann und dies mit wachem Verstand tut, weiß, was die FWG tatsächlich beantragt hat. 

Wir sagen Ihnen bereits jetzt voraus; die € 10.000, die die Mehrheit heute Abend vermutlich zur Umsetzung des Antrages der FWG bereitzustellen bereit ist, sind herausgeworfenes Geld. Und das Beteuern all derer, die dieses Geld bewilligen werden, man habe die Zukunftsplanung der Gemeinde im Sinn, ist dabei leider nichts als ein Lippenbekenntnis. Zu behaupten, man könne mit 10.000 Euro eine ernsthafte Zukunftsplanung in Angriff nehmen, ist schlicht und ergreifend unseriös. Das Ergebnis wird genau das sein, was wir unbedingt verhindern wollten. Ein im Ansatz steckenbleibender Rohrkrepierer. 

Lassen Sie mich abschließend noch ein paar Worte zu unseren Anträgen sagen, die am früheren Abend bereits gegenständlich waren, weil sie keine originären Haushaltsanträge sind, die für den Haushalt aber dennoch eine herausragende Bedeutung haben.

So hat (te) unser Antrag hinsichtlich der Vergabe größerer Baugrundstücke im Bietverfahren das Ziel, die Gemeindefinanzen auf breiter Ebene zu verbessern; durch Mehreinnahmen bei der Veräußerung, die mögliche Gewinnung von Einnahmen für soziale Zwecke wie auch eine voraussichtliche Erhöhung der Einkommenssteuerzuweisung.

Der Antrag, Kreis, Land und Bund notfalls auf Kostenerstattung für Asylbewerberleistungen zu verklagen, dient der Durchsetzung des bestehenden Anspruchs der Gemeinde, die in der Flüchtlingskrise stets ihrer Verantwortung gerecht geworden ist, und nun nicht von denjenigen, bei denen die fiskalische Zuständigkeit liegt, im Regen stehen gelassen werden darf.

Meine Damen und Herren, einmal mehr wird der Haushalt nicht unsere Zustimmung finden. Ich bedauere dies in diesem Jahr umso mehr, als der Verzicht auf das überflüssige Neubauprojekt und die Zustimmung zu dem von uns angestrebten Leitbildprozess durch Bereitstellung der erforderlichen Mittel es relativ leicht gemacht hätten, unsere Zustimmung zu erhalten. 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Anke Pfeil
Vorsitzende der FDP-Fraktion