Haushaltsrede der FDP-Fraktion zum Haushalt 2018/2019

01.01.2018

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, liebe Gäste,

das Jahr 2017 war möglicherweise kürzer als die meisten Jahre seit ich der Gemeindevertretung angehöre. Anders lässt es sich nicht erklären, dass sich gefühlt so wenig getan hat, seit wir das letzte Mal über den Haushalt der Gemeinde beraten haben. 

So gibt es bis heute weder die Furt durch die Nidder, noch wurde die Fußgängerbrücke in Büdesheim neu gebaut oder repariert. Das Alte Schloß ist nicht verkauft, die Arbeiten auf der Frankfurter Straße nicht abgeschlossen, eine Entscheidung hinsichtlich eines neuen Baugebietes nicht getroffen und der oder die Hauptamtsleiter/in ist noch nicht im Amt.

Natürlich braucht gut Ding Weile, das konnte man in diesem Jahr anlässlich der offiziellen Eröffnung des Schöneck Rundwegs feststellen- 10 Jahre nachdem die Schönecker FDP die Einrichtung dieses die Ortsteile verbindenden Weges beantragt hat. Und auch mit der Einstellung des/der von uns so lange geforderten Hauptamtleiters/in ist nun zeitnah zu rechnen.

Und klar ist natürlich auch, dass wir- wie alle anderen Kommunen auch- immer wieder vor der Schwierigkeit stehen, auf Entwicklungen, auf die wir keinen oder nur geringen Einfluss haben, reagieren zu müssen. Andere Unwägbarkeiten ergeben sich zusätzlich. So lässt sich beispielsweise derzeit nicht absehen, ob und inwiefern Schöneck von der Hessenkasse profitieren könnte.

Vorausschauendes Handeln der Entscheidungsträger ist umso mehr gefragt. Schließlich gilt es nicht zuletzt die Infrastruktur Schönecks für alle Eventualitäten zukunftsfit zu machen und sich dabei möglichst viel Flexibilität zu erhalten.

Wir dürfen jedenfalls nicht länger den Fehler begehen, immer wieder auf vordergründig Vorteilhaftes zu setzen, nur weil es auf den ersten Blick eine finanzielle Entlastung für die Gemeinde verheißt. Für die Inanspruchnahme von Fördermitteln hab ich das schon viele Male ausgeführt. Heute beschränke ich mich an dieser Stelle auf den Hinweis, dass man vor der schnellsten flächendeckenden Umsetzung des „Paktes für den Nachmittag“, die sich die Bürgermeisterin in ihrer Einbringungsrede gewünscht hat, warnen muss. Gewiss würde die Umsetzung zu einer finanziellen Entlastung der Kommunen führen- alleine der Preis, den die Schulen, die Betreuungsvereine und letztlich die Kinder dafür zu zahlen haben würden, ist noch völlig unklar und eine umfassende Klärung aller Fragen daher unerlässlich, bevor die Entscheidung für eine Teilnahme am „Pakt für den Nachmittag“ erfolgen sollte.

Unter dem Gesichtspunkt des „vordergründig Vorteilhaften“ ist ein weiteres Thema anzusprechen: Wie sie sich erinnern werden, hatte die FDP zum diesjährigen Haushalt für die Durchführung eines umfassenden Leitbildprozesses, an dem Politik, Verwaltung und Bürger gleichermaßen zu beteiligen sein sollten, Mittel in Höhe von € 50.000,- beantragt. Ein realistischer Betrag, aber zu viel für die parlamentarische Mehrheit, die nach vielen Diskussionen über den Unterschied dessen, was wir wollten und dem, was die FWG-Fraktion tatsächlich beantragt hatte, insofern widersinnig dem Antrag der FWG-Fraktion folgte und € 10.000 zur Erarbeitung einer Zukunftsplanung zur Verfügung stellte. Nun, der Arbeitskreis „Zukunftsplanung“ hat die als „erste Phase“ bezeichneten Arbeitssitzungen beendet. Und die FWG will nun für die nächsten beiden Jahre insgesamt weitere 30.000,- um die Arbeit des Arbeitskreises fortzusetzen. Sie merken, man nähert sich den von uns beantragten € 50.000. Wie wir es jedoch vorausgesehen haben, kann der eingeschlagene Weg nur als falsch bezeichnet werden. Infolge der unterlassenen Bürgerbeteiligung sind sämtliche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus dem Prozess durch den beschränkten Teilnehmerkreis aus Politik und Verwaltung auf das Wissen und die Ansichten eben jenes Teilnehmerkreises limitiert. Dass sich die Bürger übergangen fühlen werden und die überparteiliche Akzeptanz des Arbeitsergebnisses, die über Erfolg oder Misserfolg eines Leitbildes entscheidet, ausbleiben wird, ist voraussehbar und die bedauerliche Folge der gewählten Vorgehensweise. Aus unserer Sicht darf daher kein Cent mehr in dieses von Beginn an falsch angegangene Projekt gesteckt werden. Wesentlich sinnvoller wäre es, für den Moment die Reißleine zu ziehen und zu einem späteren Zeitpunkt und dann wirklich unter Beteiligung der Bürger neu anzufangen. 

Vorausschauend Handeln, meine Damen und Herren, das ist es, was die Bürger zu Recht von uns verlangen können. Und hierzu gehört auch, dass wir als parlamentarische Entscheidungsträger immer auch die Konsequenzen im Blick haben müssen, die eine Entscheidung nach sich zieht. Das gilt natürlich auch im Hinblick auf den U3-Neubau, dessen Erfordernis von uns ja schon grundsätzlich bestritten wird. Günstig soll er sein, der Wohnraum, den die Gemeinde dort im Obergeschoß künftig zur Verfügung stellen will, so der Wunsch in den Gremien. Gleichzeitig war es mehrheitlicher Wunsch, den Wohnraum auch barrierefrei zu gestalten. Um es aber mit dem schönen Hessischen Sprichwort zu sagen: “Kraut zieht Brühe“. Von dem für das Jahr 2018 zusätzlich einzustellenden Betrag in Höhe von etwa € 400.000 entfallen alleine € 100.000 auf den Aufzug, der für die Herstellung der Barrierefreiheit erforderlich ist. Nun ist es so, dass Aufzüge zu warten sind, die Wartung aber zu den umlegbaren Nebenkosten gehört. Dass man den mithin voraussichtlich jedenfalls nicht ganz so günstigen Wohnraum zudem ausgerechnet über einer Kita geplant hat, ist vom Grundsatz her vermutlich ebenfalls nicht sehr vorausschauend gewesen, soll heute aber nicht weiter vertieft werden.

Nur kurz sprechen will ich an dieser Stelle über das Alte Schloss. Wir haben hier ein Antragspaket geschnürt, mit dem wir den Auftrag vorausschauenden Handelns erfüllen wollen, was Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, wie ich denke, auch genau so verstanden haben. Das hat die Entscheidung zu TOP 6 am heutigen Abend gezeigt. Ich hoffe, wir werden hinsichtlich unseres entsprechenden Haushaltsantrages ebenfalls Einigkeit erzielen. 

Schon früher am Abend haben wir außerdem über unseren Antrag zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems gesprochen, der wegen der entstehenden Kosten natürlich auch Haushaltsrelevanz besitzt, was wir im Rahmen der Haushaltsanträge entsprechend berücksichtigt haben. Tatsache ist, dass das Thema Compliance in all seinen Ausprägungen in öffentlichen Verwaltungen gerade erst ankommt. Die Bereitschaft sich diesem Thema gegenüber aufgeschlossen zu zeigen, ohne dass konkrete Vorgänge erst einen Anlass hierzu geben müssten, signalisiert der Öffentlichkeit, dass Verwaltung sich zeitgemäß weiter entwickeln kann und das ist aus unserer Sicht grundsätzlich erstrebenswert.

Grundsätzlich erstrebenswert ist aus unserer Sicht auch, dass man sich darüber Klarheit verschafft, unter welchen Rahmenbedingungen man in einer Kommune welche Leistungen anbieten kann. Dazu gehört auch, dass man Konzepte hinterfragt oder überhaupt erst einmal welche erarbeitet. Transparente, rechtlich haltbare Konstruktionen sind hier erforderlich. Aus diesen Überlegungen resultiert unser ebenfalls bereits besprochener Antrag zum Konzept für eine künftige Finanzierung der Ferienprogramme und der Haushaltsantrag, der sich gegen die geplante Erhöhung der Ansätze richtet, solange keine Klarheit darüber besteht, auf welcher Grundlage und darauf fußend, mit welchen finanziellen Auswirkungen die Gemeinde künftig das Ferienprogramm durchführen will. 

Noch keine Klarheit besteht hinsichtlich der Frage, was aus der derzeit als Bushaltestelle und Park genutzten Freifläche an der Frankfurter Straße werden soll. Wie Sie wissen, favorisieren wir hier die Umgestaltung zu einer attraktiven Verweil- und Begegnungsstätte deutlich vor der Umgestaltung zu Parkplätzen, die auch an anderer Stelle in der unmittelbaren Umgebung denkbar wären. Die Idee hier auch einen kleinen Wochenmarkt zu installieren, hat nicht zuletzt wegen der attraktiven Lage im Ortsmittelpunkt Kilianstädtens Charme. Da die Umgestaltung in jedem Falle einen finanziellen Aufwand erfordern wird, werden wir der Einstellung der entsprechenden Mittel hier zustimmen, auch, wenn heute noch nicht absehbar ist, zu welchem Ergebnis dieses Gremium am Ende mehrheitlich gelangen wird. 

Unter Demokratiegesichtspunkten bekümmert hat uns die im Haushaltsentwurf enthaltene Idee, als Konsolidierungsmaßnahme zum nächst möglichen Zeitpunkt eine Verkleinerung der Gremien vorzunehmen. Tatsache ist, dass sich die politische Landschaft in Schöneck in den letzten Jahren maßgeblich dadurch verändert hat, dass nicht mehr nur traditionelle Parteien, sondern auch andere Gruppierungen existieren, die die politische Willensbildung in den Gremien maßgeblich mitbestimmen. Durch eine Verkleinerung, insbesondere der Gemeindevertretung, wäre nicht mehr gewährleistet, dass der Wählerwille adäquat berücksichtigt wird. Ein Anstieg der Politikverdrossenheit wäre die Folge. Natürlich mussten wir hier mit einem entsprechenden Antrag gegensteuern und ich freue mich, dass die Mehrheit der Mitglieder im Haupt- und Finanzausschuss unsere Auffassung geteilt hat, so dass ich die Hoffnung hege, dass der Wählerwille auch künftig in der bisherigen Gremienstärke abgebildet wird.  

Auch, wenn der vorliegende Haushaltsentwurf am Ende des Abends möglicherweise eine deutliche Handschrift der FDP-Fraktion tragen wird, wir werden ihm auch in diesem Jahr nicht zustimmen können. 

Ursächlich hierfür sind insbesondere auch in der Vergangenheit liegende Entscheidungen, die wir nicht mitgetragen haben, die sich im vorliegenden Haushaltsentwurf jedoch weiterhin auswirken. 

Meine Damen und Herren, der Abend endet nicht nach den Haushaltsreden und Sie werden mir vermutlich für nichts so dankbar sein, wie dafür, dass ich von den mir zustehenden 10 Minuten Redezeit nicht vollständig Gebrauch mache. 

Ich nutze die Gelegenheit, um Ihnen ein schönes Fest und einen guten Start in das neue Jahr zu wünschen und bin sicher, wir werden in diesem Hause im kommenden Jahr spannende, vielleicht ja sogar wegweisende Entscheidungen ausfechten. Darauf freue ich mich.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Anke Pfeil
Vorsitzende der FDP-Fraktion